[Kurzfassung: Gute Namen und Domains sind rar. Im Trend des Web-Namings liegen Doppelvokale, Zahlen, Personalpronomen wie Mein, Dein, Unser und demnächst auch 3. Person?]
Du bist gerade Vater geworden, stolz wie Oskar. Kommst aufs Standesamt und willst Deine Lea oder Deinen Rüdiger anmelden und es heißt: Da war schon einer, das geht nicht mehr. Du wirst sie oder ihn Leeaa oder RüdigR nennen müssen. So schauts aus in der schönen bunten Startup-Welt.
Wehmütig blickt man zurück in eine Zeit, in der das schlichte Anhängen von „-online“, „2000“ oder Voranstellen von „e-“ noch reichte. Selbst die „i-“ Namen werden knapp. Von „24“ und „VZ“ sollte man mit schmalem Budget bekanntlich die Finger lassen. Oder man schaut noch weiter zurück, als die Unternehmen noch Thyssen oder Bosch hießen. Der von Brand Channel 2004 prognostizierte Trend zu Vornamen als Marken scheint sich nicht durchgesetzt zu haben. Selbst Pauls Mama wird umbenannt.
Einstweilen offenbart ein Blick ins Web 2.0 Sammelalbum eine Reihe von Naming-Trends für Startups. Die Not zur Tugend machen heißt das Gebot der Stunde, denn (fast) der gesamte Duden ist registriert. Die Muster der Namensfindung gleichen sich: Vokale verdoppeln oder weglassen, Zahlen einbauen, Wortkombinationen. Für einen Rückblick über das Jahr 2007 im englischsprachigen Raum sorgt Nancy Friedman. Einige ihrer Beobachtungen kann man auch schon hier machen.
Sie hat unter anderem einen Trend zu Personalpronomen ausgemacht. Im Falle von „mein“ fällt das Magix Georg Krüger auch hier auf. Aktuell im Sammelalbum dazu: MyPipeline. Der Trend zur dritten Person, den Nancy ausmacht (They’re Beautiful, She’s Geeky), ist hier anscheinend (noch) nicht angekommen. Dafür scheinen die Zahlenspielchen (bekannt 37signals, aktuell 7tasks, 360cities) nach Deutschland zu kommen. Einer der ersten Vertreter: 7evendays.
Die unsägliche „R“-Welle nach dem Erfolg von Flickr scheint abgeklungen zu sein. Bei so viel „Vowel Dropping“ hatte ich schon gedacht, im Web 2.0 müsste man Vokale wie beim Glücksrad kaufen und die armen Gründer könnten sich das nicht leisten. Stattdessen scheint nun ein regelrechter Vokal-Hype ausgebrochen zu sein: Besonders Startups im Shopping-Bereich, folgen dem Doppelvokal-Muster von woot, allen vorneweg der deutsche Klon guut.
Wenn man diese Namen im Gespräch auch buchstabieren muss, damit das Gegenüber die URL kennt (bei beeings hat man diese Problematik schon erkannt), lassen sie sich wenigstens aussprechen. Ganz im Gegensatz zu anderen verstümmelte Schreibweisen wie aktuell Shifd, oder Traackr, das den unaussprechlichen Namen mit Buchstabierzwang noch mit einem unleserlichen Logo abrundet. Ein echtes Highlight. Dagegen stechen unter anderem Tikkler und Twimbler heraus, die sich allein mit ihrer intakten Endung schon abheben können.
Bei der Namensfindung für sonntagmorgen haben wir, als wir in der gedanklichen Sackgasse steckten, Wortfelder als Mindmaps erstellt, geschichtliche und sonstige Fachartikel gelesen und eine Typologie der Mitbewerber-Namen erstellt. Am Ende sind brauchbare Ergebnisse herausgekommen, denen es aber im Gegensatz zu sonntagmorgen an Seele mangelte. Das war letztlich eine Bauchentscheidung und eine, mit der wir immer noch sehr glücklich sind.
Eine gute Checkliste fürs Startup Naming gibts bei Folksonomy, eine weitere bei Guy Kawasaki. Wir haben uns nicht dran gehalten. Geholfen hats trotzdem.