Aus gegebenem Anlass lese ich hier und in anderen Blogs im Augenblick viele Kommentare über Abmahnungen. Diese basieren aber oft genug auf falschen Annahmen wie der, dass der angebliche Geschädigte die Abmahngebühr einstreiche. Zeit für einen Beitrag mit der Erklärung, wie eine Abmahnung aussieht, woher sie kommt, welche Konsequenzen sie hat und wohin das unverschämt viele Geld fließt.
Zunächst mal ist eine Abmahnung nur eine formale Aufforderung zur Unterlassung. Sie enthält eine Beschreibung des Sachverhalts unter Hinweis auf relevante Gesetze(sverstöße), eine Unterlassungserklärung zur Unterschrift durch den Empfänger und eine Frist, nach der rechtliche Schritte eingeleitet werden. So ein Schreiben muss nicht unbedingt von einem Anwalt kommen, sie muss nicht einmal schriftlich erfolgen (es geht auch telefonisch).
Für gewöhnlich kommen Abmahnungen aber per Post vom Anwalt mit beiliegender Vollmacht des Geschädigten. Die Abmahngebühr, teilweise fälschlich als „Strafe“ bezeichnet, ist im Grunde nichts weiter als die Rechnung des gegnerischen Anwalts. Sie bemisst sich am zugrunde gelegten Streitwert und muss nur bezahlt werden, wenn die Abmahnung berechtigt war. Im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag handelt der Anwalt dann rein rechtlich im Interesse des Abgemahnten, weil er um ein viel teureres Verfahren herumkommt.
Manch ein Abgemahnter wähnt sich im Recht und gibt dennoch klein bei, weil er einem übermächtigen Gegner gegenübersteht, der sich den Gang durch alle Instanzen leisten kann. „Faktisches Immaterialgüterrecht“ nennt man das wohl.
Wer glaubt, vor Gericht zu gewinnen und es darauf ankommen lassen will, braucht erst mal gar nichts zu tun und kann auf die Klage der Gegenseite warten – wenn die denn kommt und es sich nicht ohnehin um zweifelhafte Massenabmahnungen handelt.
Gesetzlich geregelt sind Abmahnungen mittlerweile u.a. im §12 UWG. Mit etwas Glück werden die Gebühren für die erste Abmahnung bald auf 50 Euro begrenzt. Wie schon gesagt braucht es jetzt schon für eine Abmahnung weder einen Anwalt noch ein postalisches Schreiben. Einige vernünftige Anwälte empfehlen zunächst eine formlose Mail. Diese wäre auch bereits eine Abmahnung, nur bei Weitem nicht so teuer. Aber wohl viel zu menschlich.
P.S.: Udo Vetter listet einige interessante Urteile, die daran zweifeln lassen, ob StudiVZ, die eigene Anwälte haben, überhaupt die teuren Dienste einer internationalen Kanzlei hätte in Anspruch nehmen dürfen. Abmahnungen sollten mal ein sinnvolles Instrument sein, um Streitfälle schon ohne Verhandlung günstig beizulegen. Schade, dass sie so als Druckmittel entstellt werden.
UPDATE: Jetzt nehmen sich auch Online-Leitmedien und TV der Abmahn-Welle an: Selbständig im Netz weist auf die WDR-Reportage „Die Abmahner“ heute abend um 22 Uhr hin. Und offenbar arbeitet auch Heise an einem längeren Artikel.