Die Angst vor dem Ideenklau

11. Juli 2007

dukudu-Gründer Christian Reder berichtet in seinem Startup-Exit-Blog von einer – sagen wir – überzufälligen Begebenheit: Kurz nachdem das kreativ aus der Reihe tanzende dukudu-Exposée beim European Founders Fund der Samwer-Brüder eingegangen war, schaute einer der Gründer des Konkurrenten Frazr in Reders XING-Profil rein. Bis dato war das Projekt dukudu aber völlig geheim. Und Frazr wurde damals bereits vom EFF finanziert. Reder distanziert sich von Unterstellungen, legt aber schon einige Vermutungen nahe…

Nun kann man darüber streiten, ob es so clever ist, ausgerechnet bei einem VC um eine Finanzspritze zu bitten, der schon die direkte Konkurrenz im Portfolio hat. Diese Diskussion hatten wir bei wave-IT auch schon in aller Ausführlichkeit. Der andere Aspekt ist das Taktieren um die geheimen Pläne. Wieviel erzählt man potentiellen Geldgebern, Mitarbeitern, Partnern? Wie lange hält man Informationen zurück und vor wem?

Bloglines-Entwickler Mark Fletcher hat schon vor Jahren eine einfache Antwort gegeben: Stealth Start-Ups Suck! Er bringt ein paar gute Argumente dafür.

Ich stelle mir im Moment vor Gesprächen die simple Frage „Wem nützt es?“. Wenn ich jemanden vor mir habe, der ein ähnliches Angebot betreibt oder finanziert, sollte ich mich natürlich zurückhalten. Rede ich aber mit einem Programmierer, den ich gern ins Boot holen will, einem unbeteiligten VC oder einem potentiellen Partner, verlasse ich mich – neben einem gewissen Grundvertrauen in meine intuitive Menschenkenntnis – auf eine simple Aufwandsrechnung: Wenn meine Idee jemanden überzeugt, warum sollte er sie NICHT mit mir umsetzen?

Anders gesagt: Warum sollte jemand den Umweg gehen, wenn er die direkte Strecke nehmen kann? Nicht umsonst werden viele VCs nicht müde zu betonen, dass sie in erster Linie in Menschen und nicht in Ideen investieren. Weil jede Idee eben nur so gut ist wie ihre Umsetzung. Und zu der gehört eben nicht nur ein schnell zusammengehexter Code, sondern auch ein Erlösmodell und die Vermarktung. Naiv? Vielleicht. Aber es spart wertvolle Zeit – und Nerven.

6 Antworten to “Die Angst vor dem Ideenklau”


  1. Gut gesprochen! Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

    Außer vielleicht einem Zitat von Dale Carnegie aus seinem berühmten Buch „Sorge dich nicht – lebe!“:

    „Mit den Jahren entdeckte ich schließlich, dass 99 Prozent aller Dinge, über die ich mir Sorgen machte oder vor denen ich Angst hatte, nie passierten.“

  2. blue007 Says:

    Eben eine nette Nebenerscheinung des Web2.0 diese Stealth-Modes 🙂

    Niedrige Einstiegsbarrieren und gut ausgebildte Wettbewerber machen es natürlich nötig mit einem möglichst vollständigen Produkt an den Markt zu gehen, aber die Masche „Wir machen was total geiles, dürfen dir aber noch nicht sagen was wir machen“ finde ich mittlerweile eher langweilig. Dann lieber die ganze Zeit die Klappe halten und alle überraschen.
    Ich habe das Gefühl solche Stealth-Aktionen finden aber auch nur statt, wenn man sich mit seinen wettbewerbern auf einem sehr ähnlichen Level bewegt, Services die wirklich einzigartig sind haben bisher jedenfalls nach meiner Einschätzung keine Wochen/Monate-lnage Stealth-Phase nötig gehabt.

    Das sollte uns zu denken geben 🙂


  3. Gerade wenn ich mich mit meinen Mitbewerbern auf einer Stufe befinde, würde ich so offen wie möglich kommunizieren. Stealth mode hat doch nur Sinn, wenn man sich einen Vorsprung in puncto Ideen davon erhoffen kann.


  4. […] konnten, ausgerechnet an jemand zu wenden, der dazu ganz gut allein in der Lage war. Aber gegen Ideenklau ist kaum ein Kraut gewachsen – nur Geschwindigkeit. Darüber hinaus hat ein ganz guter Artikel aus […]

  5. Idee-Haber ohne Programmierkenntnisse Says:

    Hallo Wissende,

    Ihr schreibt aus der Position eines Ideen-Habers, welcher seine Idee selbst programmieren und online bringen kann.
    Ich selbst trage seit über 8 Jahren eine Idee mit mir herum, welche ich eigentlich selbst mit meinen 240.000 EUR als Programmierer-Kosten online bringen wollte. Doch 2006 ist der Fund-Manager mit gesamt 345 Mio. EUR (inkl. meiner 240.000 EU) geflitzt und weder Interpool noch ander 3 Buchstaben-Firmen haben oder wollten ihn finden.
    Ohne Geld mit einer wirklich einzigartigen Idee, welche noch nicht im Net zu finden ist, aber auch ohne Programmierkenntnisse, wie soll ich da meine Idee mit jemanden teilen, der als Investor oder auch Programmierer meine Idee von seinen anderen Programmierern ausführen läßt (Zuckerberg hatte ja auch nicht als erster die Idee, welche er von zweien seiner Studienkollegen geklaut hatte, auch wenn er diese später entschädigt hatte).
    Und es gibt ja auch Leute, welche zu Zuckerberg gegangen waren, ihm von deren Ideen erzäht hatten und Zuckerberg sagte, das ist nichts für uns. Aber 1 oder mehrere Monate später hatte Zuckerberg ein vergleichbares, wenn auch nicht genau das gleiche Angebot.
    Also wie soll da einer – wie ich, als Ideen-Haber – noch wem sein Vertrauen schenken?
    Meine Idee, sollte ich einen Weg finden, diese online bringen zu können, würde die Online-Welt radikal verbessern.
    Aber wie gesagt, mein Vertrauen ist aktuell = NULL.

    Ihnen allen weiterhin eine erfolgreiche Zeit.

    Beste Grüße
    Euer Idee-Haber ohne Programmierkenntnisse

  6. Till Says:

    Hallo Idee-Haber,

    dass das hier nach 8 Jahren noch jemand liest, freut mich. Danke für Deinen Kommentar. Zu Deiner Geldanlage kann ich nichts sagen, allerdings zu der Frage, ob man seine Idee teilen kann. Deutlich mehr sogar als vor 8 Jahren, da ich jetzt 100 Monate mehr Startup-Erfahrung habe als damals.

    Ich bin daher simpel und direkt: Eine Alternative hast Du nicht. Du kannst Deine Idee nicht umsetzen. Du brauchst andere dafür. Geldgeber oder Mitstreiter, die so begeistert (nicht nur von Deiner Idee, sondern auch von Dir) sind, dass sie erstmal nur für Anteile arbeiten. Programmierer, vielleicht Designer, Produktmanager, Marketingleute etc., und die können Dir nicht helfen, wenn sie nicht wissen was Du vorhast. Gibt es einen wirksamen Schutz vor Ideenklau? Nein. Wenn Du meinst, Deine Idee ist der einzige Vorsprung/Vorteil den Du hast: Vergiss es einfach. Nimm an, Du verteilst Vertraulichkeitserklärungen und die Leute winken nicht ab und lachen sich kaputt, sondern unterzeichnen sie und halten sich sogar daran. Sie setzen alles um. Du gehst mit Tamtam an den Start. Wenn Deine Idee doch nicht so gut war, passiert jetzt nichts. Aber vielleicht ist sie gut. Die Presse jubelt, die Kunden kommen in Scharen. Ab jetzt ist Dein Produkt öffentlich. Und JETZT beginnt das eigentliche Rennen. In 3-6 Monaten sind mindestens 5 Teams am Start, die das gleiche tun. Manche vielleicht mit mehr Budget. Dein „Ideenkapital“ ist verbraucht. Jetzt heißt es, das bessere Produkt zu machen, es besser zu vermarkten, die User mehr zu begeistern. Ausführung! Kannst Du das? Bist Du der Beste, um Deine Idee umzusetzen?

    Oder bist Du Dir dabei nicht so sicher? Manchmal ist das Mißtrauen gegen die potentiellen Ideenklauer da draußen eine willkommene Gelegenheit, vom großen Erfolg in einer Paralleldimension zu träumen und den Schritt nie zu wagen, der die Seifenblase zum Platzen bringen könnte. Solche Gründe finden sich tausendfach. Besser, von der Spitzenidee zu träumen als sie der Kritik von VCs, potentiellen Partnern oder Kunden auszusetzen? Es liegt nicht an denen da draußen. Es liegt nur an Dir. Jammern hilft nicht, Scheitern und lernen schon. Ich weiß, wovon ich rede.

    Von Herzen: Viel Erfolg!
    Till

    P.S.: Die Winklevoss-Brüder wären wahrscheinlich selbst nie in der Lage gewesen, aus Facebook ein Milliardenunternehmen zu machen. Der Vergleich mit Zuckerberg hat sie steinreich gemacht. Ich würde sagen, auch die haben auf ihre Art gewonnen.


Hinterlasse einen Kommentar